Vieh

mittelhochdeutsch vihe, vehe, althochdeutsch fihu „Vieh“, germanisch *fehu- „Vieh“, indogermanisch *peḱu- „Vieh, Kleinvieh“, belegt seit dem 8. Jahrhundert^[1]

Die Verwendung von Vieh als Bezeichnung für Nutztiere allgemein wurde von dem Naturphilosophen Lorenz Oken (1779–1851) eingeführt, veröffentlicht in seiner Naturphilosophie (1808) und der dreibändigen Naturgeschichte (1813–1816)^[2]

Synonyme:

[1] Nutztier, Haustier

[2] Rindvieh, Rinder, Großvieh

[3] Rohling, Rüpel, Tier, Bestie, Schwein, Sau, Viech

[4] Viech

Gegenwörter:

[1] Wild

[3] Gentleman, Höfling, Softie

Oberbegriffe:

[1, 2, 4] Tier, Lebewesen

Unterbegriffe:

[1] Großvieh (Rinder, Schweine, Borstenvieh, Schafe, Ziegen), Federvieh (Geflügel), Herdbuchvieh, Herdenvieh, Kleinvieh (Kaninchen, Geflügel), Mastvieh, Merzvieh, Schmalvieh

[1, 2] Arbeitsvieh, Faselvieh, Hornvieh, Jungvieh, Lebendvieh, Milchvieh, Muttervieh, Nutzvieh, Rassevieh, Scheckvieh, Schlachtvieh, Weidevieh, Zuchtvieh, Zugvieh

[2] Fleckvieh, Fleischvieh, Galtvieh, Höhenvieh, Niederungsvieh, Rotvieh, Harzer Rotvieh

[3] Klatschvieh, Stimmvieh

[4] Hundevieh, Rabenvieh, Urvieh

[4] Drecksvieh, Mistvieh

Beispiele:

[1] Wir haben verschiedene Sorten Vieh auf dem Hof.

[1] „Ich erinnere mich aber, dass es Vieh gab und dass ich melken lernte.“^[3]

[1] „Als Anton Millbacher, nachdem er das Vieh beschickt hatte, ins Haus kam, wusch er seine Hände, setzte sich an den Küchentisch und sagte ganz für sich: Nun ist Krieg.“^[4]

[1] „1540 war ein Jahr von außergewöhnlicher Trockenheit, und wie bei der Pest suchten die Menschen nach einer Erklärung dafür, warum der Regen ausblieb, die Weiden verdorrten und das Vieh verendete.“^[5]

[2] Wir haben fünfzig Stück Vieh im Stall.

[3] Du bist ein Vieh, du bist ein Vieh, du bist ein vielgeliebter Fürst auf Erden (Volkslied, orthographisch verändert)

[4] Kaum will man gemütlich ein Buch lesen, springt einem dieses blöde Vieh auf den Schoß und will gestreichelt werden.

[4] „Aber das Vieh machte keinerlei Anstalten, sich zu beruhigen.“^[6]

Redewendungen:

das liebe Vieh

trink Wasser wie das liebe Vieh und denk, es sei Krambamboli

wie Vieh behandeln — unfreundlich, herablassend behandeln

Charakteristische Wortkombinationen:

[1, 2] ein Stück Vieh

[1, 2, 4] das arme, blöde, böse, gemeine, kranke, liebe Vieh

[1, 2] Vieh abtreiben, besitzen, betreuen, brandmarken, einpferchen, ernähren, exportieren, haben, halten, importieren, kontrollieren, schmücken, stehlen, tränken, transportieren, treiben, vergiften, verhexen, verkaufen, verpfänden, versorgen, versteigern, weiden, ziehen, züchten

Wortbildungen:

Viech, Viehabtrieb, Viehanhänger, Viehauftrieb, Viehbesatz, Viehbestand, Viehdieb, Viehdoktor, Viehfliege, Viehfutter, Viehfütterung, Viehgroßhandel, Viehhabe, Viehhalter, Viehhaltung, Viehhandel, Viehhändler, Viehherde, Viehhirt, Viehhof, Viehhüter, Viehhüterin, viehisch, Viehkoppel, Viehmarkt, Viehmast, Viehpflege, Viehpfleger, Viehsalz, Viehseuche, Viehstall, Viehstand, Viehtränke, Viehtransport, Viehtreiber, Viehtrieb, Viehunterstand, Viehversteigerung, Viehwagen, Viehwaggon, Viehweide, Viehwirtschaft, Viehzählung, Viehzaun, Viehzeug, Viehzucht, Viehzüchter

Übersetzungen

[1] Gesamtheit aller Nutztiere, die in der Landwirtschaft gehalten werden

Chinesisch: 家畜 (jiāchù) ^→ zh
Englisch: livestock ^→ en
Estnisch: kariloomad ^→ et
Finnisch: karja ^→ fi
Französisch: bestiaux ^→ fr m pl
Interlingua: bruto ^→ ia
Italienisch: bestiame ^→ it m
Japanisch: 家畜 (かちく, kachiku) ^→ ja
Katalanisch: bestiar ^→ ca m
Koreanisch: 가축 (gachuk) ^→ ko
Mazedonisch: стока (stoka^☆) ^→ mk f, марва (marva^☆) ^→ mk f; Schatz: благо (blago^☆) ^→ mk n
Niederdeutsch: Veehtüüch ^→ nds
Niederländisch: vee ^→ nl
Polnisch: bydło ^→ pl n
Portugiesisch: gado ^→ pt m
Prußisch: pecku ^→ prg
Rumänisch: vite ^→ ro f pl
Russisch: скот (skot^☆) ^→ ru m, поголовье (pogolovʹe^☆) ^→ ru
Schwedisch: boskap ^→ sv u, kreatur ^→ sv n, fä ^→ sv u
Serbisch: стока (stoka ^☆) ^→ sr f, марва (marva ^☆) ^→ sr f; Schatz: благо (blago ^☆) ^→ sr n
Slowakisch: dobytok ^→ sk m, statok ^→ sk m, lichva ^→ sk f
Spanisch: cabeza ^→ es f, ganado ^→ es
Tschechisch: dobytek ^→ cs m
Vietnamesisch: gia súc ^→ vi

Dialektausdrücke:
		Walserisch: [1] vee

[2] Rindvieh

Englisch: cattle ^→ en
Französisch: bétail ^→ fr m
Italienisch: bovini ^→ it m Pl.
Mazedonisch: стока (stoka^☆) ^→ mk f, марва (marva^☆) ^→ mk f; Schatz: благо (blago^☆) ^→ mk n
Plautdietsch: Vee ^→ pdt n
Polnisch: rogacizna ^→ pl f
Russisch: скотина (skotina^☆) ^→ ru f
Schwedisch: boskap ^→ sv u, kreatur ^→ sv n, fä ^→ sv u
Serbisch: стока (stoka ^☆) ^→ sr f, марва (marva ^☆) ^→ sr f; Schatz: благо (blago ^☆) ^→ sr n
Slowakisch: dobytok ^→ sk m, statok ^→ sk m, lichva ^→ sk f
Spanisch: ganado ^→ es
Tschechisch: dobytek ^→ cs m

Dialektausdrücke:
		Walserisch: [1] vee

[3] roher, brutaler Mensch

Englisch: beast ^→ en, bastard ^→ en, brute ^→ en
Französisch: brute ^→ fr f
Italienisch: bestia ^→ it f, animale ^→ it m, bruto ^→ it
Katalanisch: bèstia ^→ ca f
Mazedonisch: стока (stoka^☆) ^→ mk f, марва (marva^☆) ^→ mk f, скот (skot^☆) ^→ mk m, животно (životno^☆) ^→ mk m
Niederdeutsch: Beest ^→ nds
Polnisch: bydlak ^→ pl m
Russisch: нахал (nachal^☆) ^→ ru m
Serbisch: стока (stoka ^☆) ^→ sr f, марва (marva ^☆) ^→ sr f, скот (skot ^☆) ^→ sr m, животиња (životinja ^☆) ^→ sr f
Spanisch: bestia ^→ es f, bicho ^→ es m

Dialektausdrücke:
		Walserisch: [1] vee

[4] umgangssprachlich, meist abwertend: Tier

Englisch: beast ^→ en
Italienisch: bestia ^→ it f, animale ^→ it m
Mazedonisch: стока (stoka^☆) ^→ mk f, марва (marva^☆) ^→ mk f, скот (skot^☆) ^→ mk m, животно (životno^☆) ^→ mk m
Serbisch: стока (stoka ^☆) ^→ sr f, марва (marva ^☆) ^→ sr f, скот (skot ^☆) ^→ sr m, животиња (životinja ^☆) ^→ sr f

Dialektausdrücke:
		Walserisch: [1] vee

Referenzen und weiterführende Informationen:

[1, 2] Wikipedia-Artikel „Vieh“

[1–4] Duden online „Vieh“

[1] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Vieh“

[1, 3, 4] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Vieh“

[1] Uni Leipzig: Wortschatz-Portal „Vieh“

Quellen:

↑ Friedrich Kluge, bearbeitet von Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 978-3-11-017473-1, DNB 965096742 , Stichwort: „Vieh“, Seite 960.
↑ Lorenz Oken: Lehrbuch der Zoologie. Zweite Abtheilung – Fleischthiere. Jena: August Schmid, 1816, S. 715 et passim.
↑ Cornelia Schmalz-Jacobsen: Russensommer. Meine Erinnerungen an die Befreiung vom NS-Regime. C. Bertelsmann, München 2016, ISBN 978-3-570-10311-1, Seite 93.
↑ Arno Surminski: Der lange Weg. Von der Memel zur Moskwa. Roman. LangenMüller, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-7844-3508-4, Seite 60.
↑ Bruno Preisendörfer: Als unser Deutsch erfunden wurde. Reise in die Lutherzeit. 7. Auflage. Galiani, Berlin 2016, ISBN 978-3-86971-126-3 , Seite 214.
↑ Yves Buchheim, unter Mitarbeit von Franz Kotteder: Buchheim. Künstler, Sammler, Despot: Das Leben meines Vaters. Heyne, München 2018, ISBN 978-3-453-20197-2 , Seite 176.

Ähnliche Wörter (Deutsch):

ähnlich geschrieben und/oder ausgesprochen: fis, fit, Viech, viel

Homophone: Phi

Anagramme: hiev

[1] Friedrich Kluge, bearbeitet von Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 978-3-11-017473-1, DNB 965096742 , Stichwort: „Vieh“, Seite 960.

[2] Lorenz Oken: Lehrbuch der Zoologie. Zweite Abtheilung – Fleischthiere. Jena: August Schmid, 1816, S. 715 et passim.

[3] Cornelia Schmalz-Jacobsen: Russensommer. Meine Erinnerungen an die Befreiung vom NS-Regime. C. Bertelsmann, München 2016, ISBN 978-3-570-10311-1, Seite 93.

[4] Arno Surminski: Der lange Weg. Von der Memel zur Moskwa. Roman. LangenMüller, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-7844-3508-4, Seite 60.

[5] Bruno Preisendörfer: Als unser Deutsch erfunden wurde. Reise in die Lutherzeit. 7. Auflage. Galiani, Berlin 2016, ISBN 978-3-86971-126-3 , Seite 214.

[6] Yves Buchheim, unter Mitarbeit von Franz Kotteder: Buchheim. Künstler, Sammler, Despot: Das Leben meines Vaters. Heyne, München 2018, ISBN 978-3-453-20197-2 , Seite 176.

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