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ADB:Wibald

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Artikel „Wibald, Abt von Stablo und Korvei“ von Wilhelm Bernhardi (Historiker) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 298–300, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wibald&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 19:11 Uhr UTC)
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Wibald, Abt von Stablo und Korvei. Er entstammte einer lothringischen Familie, die in der Nähe von Stablo ansässig war, und wurde im Frühjahr 1098 geboren. Schon in jungen Jahren wurde er dem Kloster Stablo zur Erziehung überwiesen; später begab er sich nach Lüttich, wo er sich im J. 1115 befand. Mit Eifer und Begabung überließ er sich den Studien und erwarb sich ebenso eingehende wie für die damalige Zeit umfassende Kenntnisse in den Wissenschaften. Am 19. März 1117 wurde er als Mönch in das Kloster Waulsort oder Waussor (Monast. Walciodor.) aufgenommen, welches auf den Anhöhen zwischen dem Zusammenfluß der Maas und Lesse in der Provinz Namur gelegen ist. Er wurde hier mit der Leitung der Klosterschule betraut. Schon 1118 aber trat er in das Kloster Stablo über, zu dessen Abt er am 16. November 1130 gewählt wurde. Als König Lothar 1131 nach Stablo kam, empfing er von diesem am 13. April die Belehnung mit den Regalien, die Weihe vollzog am 20. April zu Lüttich der Bischof dieser Diöcese, Alexander. Seine hervorragende Begabung gewann ihm die Gunst Lothar’s, den er auf seinem zweiten Zuge nach Italien begleitete. Frei von zelotischer Kirchlichkeit, gewandt im Benehmen, geschickt in der Rede, erwies er sich auch für weltliche Angelegenheiten ausnehmend befähigt. So überwies ihm Lothar die Aufgabe, das Zusammenwirken der pisanischen Flotte mit dem kaiserlichen Heer im Krieg gegen König Roger von Sicilien besonders zum Zweck der Einnahme Salerno’s herbeizuführen. W. erfüllte diesen Auftrag mit Erfolg. Da der Abt von Monte Casino, ein Anhänger Roger’s, abgesetzt wurde, bewirkte Lothar, daß in diese wichtige Stellung W. gelangte. Seine Wahl erfolgte am 19. September 1137. Allein er vermochte sich nur ganz kurze Zeit zu behaupten. Am 21. September trat Lothar den Rückmarsch nach Deutschland an. Sobald dies bekannt geworden war, erschien Roger, der sich auf die Insel Sicilien hatte zurückziehen müssen, wieder auf dem Festlande. Die Anhänger Lothar’s wurden vertrieben, und W. entfloh in der Nacht des 2. November 1137 ohne Wissen der Mönche aus dem Kloster und gelangte glücklich nach Deutschland zurück. Den Mönchen zeigte er an, daß er sein Amt niederlege. – Am bedeutendsten war Wibald’s Wirksamkeit während der Regierung Konrad’s III., 1138–1152. Schon bei dessen Wahl zum König hat er mitgewirkt, auf vielen Reichs- und Hoftagen befand er sich in der Umgebung des Königs und wurde von diesem mit wichtigen Aufträgen und politischen Sendungen betraut. Die Verhandlungen mit der römischen Curie geriethen fast ganz in Wibald’s Hand. Vor dem Kreuzzug reiste er offenbar in des Königs Auftrag viermal nach Italien. Er war bestrebt, ein möglichst friedliches Verhältniß zwischen Papst und König herzustellen, jedoch in dem Sinne, daß der König sich den Wünschen des Papstes fügte. Immer standen die Interessen der Kirche für W. in erster Linie. Mit dem Papst und den Cardinälen unterhielt er regen Briefwechsel; wenn es sich darum handelte, für die Curie etwas beim König zu erreichen, wandte man sich vertraulich an W., damit er den König beeinflußte. Dieser erwies ihm viele Vergünstigungen; er bewirkte, daß W. am 20. October 1146 zum Abt von Korvei gewählt wurde und belehnte ihn am 12. December desselben Jahres mit den Regalien. W. verstand es, die Gunst des Königs alsbald weiter auszunutzen. Im Januar 1147 ersuchte er den König, die beiden Nonnenklöster Kemnade und Fischbeck an Korvei zu überweisen. Beide Stifter sollten dann in Mönchsklöster umgewandelt werden. Obgleich der König anfangs nicht geneigt war, den Wunsch zu erfüllen, willigte er doch zuletzt ein mit Rücksicht auf die Dienste, [299] die ihm W. geleistet hatte und noch leisten sollte. Vornehmlich bestimmte ihn wohl die Zusicherung einer bedeutenden Summe Geldes, dessen er für den Kreuzzug dringend bedurfte, und welches W. aus dem Klosterschatz von Korvei zu beschaffen dachte. Unter Ueberreichung eines Ringes gab Konrad Kemnade und Fischbeck vorläufig an Korvei mit der Bedingung, daß die Leistungen des letzteren Klosters für das Reich erhöht würden. Die rechtskräftige Auflassung verschob er jedoch auf den Frankfurter Reichstag, der auf Mitte März 1147 angesetzt war. Aber W. wurde des neuen Besitzes nicht recht froh. Nicht nur, daß der Papst, den er im Auftrage des Königs in Dijon Ende März 1147 aufsuchte, Anstände erhob und erst auf dem Concil zu Reims im März 1148 seine Zustimmung zu den Ueberweisungen gab, auch die abgesetzte Aebtissin Judith und ihre vornehmen sächsischen Verwandten und Freunde bereiteten den Korveiern alle nur möglichen Schwierigkeiten und ließen sie nicht in ruhigen Besitz gelangen. Immer von neuem mußte W. Klagen wegen Beeinträchtigung erheben. Juni bis September 1147 nahm er an dem erfolglosen Kreuzzug gegen die Wenden Theil. Während der Abwesenheit des Königs auf dem Kreuzzuge in Asien (Mai 1147 bis Mai 1149) war er vornehmlich für den Frieden und das Wohl der ihm unterstellten Stifter Stablo und Korvei thätig; weder hat er an der Spitze der Reichsregierung gestanden, noch einen maaßgebenden Einfluß auf dieselbe ausgeübt, wenn er auch bisweilen einige Aufträge für den jungen König Heinrich auszuführen hatte. Aber nach Konrad’s Rückkehr aus dem heiligen Lande erschien er wieder bei Hofe und war wiederum an den Verhandlungen mit der päpstlichen Curie betheiligt. Es handelte sich damals um den Romzug und die Kaiserkrönung Konrad’s. Die Verwicklung der politischen Verhältnisse, insbesondere das schroffe Auftreten Heinrich’s des Löwen, der das Herzogthum Baiern verlangte, machten es dem König unmöglich, Deutschland zu verlassen. W., der viele Gegner hatte, verlor eine Zeitlang allen Einfluß und blieb dem Hof fern. Um die Mitte des Jahres 1151 wurden indessen die Aussichten für den Abt wieder günstiger, und er wurde mit einer Gesandtschaft an den Papst betraut, deren Veranlassung vermuthlich ebenfalls der beabsichtigte Romzug des Königs und die Kaiserkrönung bildeten. In den letzten Monaten des Jahres trat W. die Reise an, als er aber am 18. Februar 1152 wieder in Speier eintraf, erfuhr er, daß seine Bemühungen gegenstandslos geworden waren, da der König am 15. Februar zu Bamberg gestorben war. Für die Erhebung des Herzogs Friedrich von Schwaben zum König war W. nach Kräften thätig, wie ihm in einer Bestätigung der Privilegien des Klosters Stablo Anerkennung dafür ausgesprochen wird. Aber es wollte dem Abt nicht gelingen, an dem neuen Hofe eine ähnlich einflußreiche Stellung zu erringen wie an dem alten. In wichtigen Angelegenheiten zog Friedrich andere Männer zu Rath. Nur bei den Verhandlungen mit dem griechischen Kaiser benutzte er Wibald’s Geschicklichkeit und Erfahrung. So beauftragte er ihn im J. 1153 mit der Abfassung eines Schreibens an Manuel, in welchem der Wunsch nach einer engeren Verbindung beider Reiche ausgedrückt wurde. Hierauf empfing W. eine zustimmende Antwort des Kaisers. Er begleitete dann Friedrich auf seinem ersten Zug über die Alpen im J. 1154, geschmückt mit dem bischöflichen Ring, den ihm der Papst auf seinen Wunsch zur Belohnung seiner Verdienste um die römische Kirche verliehen hatte. Im nächsten Jahre 1155 begab er sich in Friedrich’s Auftrag nach Constantinopel, um Unterhandlungen wegen dessen Vermählung mit einer griechischen Prinzessin zu leiten. Als er aber im Juni 1156 nach Deutschland zurückkam, hatte sich Friedrich anders entschieden und Beatrix von Burgund gewählt. Seine Stifter fand W. in traurigem Zustand; ihre Besitzungen wurden von weltlichen Herren ausgeraubt, und besonders über die Beeinträchtigung der Korveier Güter wurden [300] schwere Klagen vorgebracht. Als auf dem Hoftag zu Würzburg im September 1157 griechische Gesandte erschienen, erhielt W. den Auftrag von Friedrich, mit ihnen nach Constantinopel zu reisen. Der Zweck seiner Sendung ist nicht bekannt geworden. Von dieser Reise kehrte W. nicht mehr zurück. Auf dem Heimweg, in Pelagonien, einer Landschaft des nördlichen Macedoniens, in dem Ort Bitolia ereilte ihn am 19. Juli 1158 ein so plötzlicher Tod, daß man den Verdacht aussprach, er wäre von den Griechen vergiftet worden. Sein Bruder und Nachfolger in Stablo, Erlebald, trug Sorge dafür, daß Wibald’s Leichnam nach Deutschland übergeführt und am 26. Juli 1159 in Stablo beigesetzt wurde. – Von den Geschichtsschreibern und Annalisten seiner Zeit wird Wibald’s selten gedacht; die Kenntniß seiner Wirksamkeit ergiebt sich aus einem kostbaren Schatz, den er hinterlassen hat, aus einer Briefsammlung, die von ihm selbst angelegt ist. Sie enthält die Briefe, die er selbst verfaßt hat und die an ihn gerichtet sind, aber auch solche Schreiben wußte er sich zu verschaffen, die überhaupt seine Aufmerksamkeit erregten. Man erkennt aus dieser Briefsammlung, wie weit ausgedehnt der Kreis der Personen war, mit denen er Verbindung unterhielt, auf wie verschiedenartige Gebiete sich seine geistige Theilnahme erstreckte. Für die Geschichte Konrad’s III. insbesondere bildet Wibald’s Briefsammlung die wichtigste Quelle. Sehr zu beklagen ist es aber, daß die erste Hälfte der Briefe wohl für immer verloren ist. Die erhaltenen – über 400 an der Zahl – beginnen mit dem Jahre 1146. Sie sind am besten herausgegeben von Jaffé in dessen Monumenta Corbeiensia, vorher von Martene in dessen Amplissima Collectio Vol. II. Die Handschrift befindet sich jetzt in Berlin.

Vgl. Janssen, Wibald von Stablo und Corvey 1098–1158. Abt, Staatsmann und Gelehrter. Münster 1854. – Mann, Wibald. Abt von Stablo und Corvei nach seiner politischen Thätigkeit. 1875 (Hall. Dissert.) – Ausführlich findet sich seine Wirksamkeit in den Darstellungen seiner Epoche behandelt, bei Giesebrecht, Kaiserzeit Bd. IV und V; Bernhardi, Lothar v. Supplinburg; Bernhardi, Konrad III.