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Deprivation

Aus Wiktionary, dem freien Wörterbuch

Deprivation (Deutsch)

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Singular Plural
Nominativ die Deprivation die Deprivationen
Genitiv der Deprivation der Deprivationen
Dativ der Deprivation den Deprivationen
Akkusativ die Deprivation die Deprivationen
[1] So zeigen Säugetiere oft Verhaltensstörungen, wenn ihr Bewegungsspielraum eingeschränkt wird. In ihrer Deprivation suchen sie Zuflucht in Stereotypien, repetitiven motorischen Abläufen – etwa [einem] sich unablässig wiederholenden Herumwandern […].[1]

Worttrennung:

De·pri·va·ti·on, Plural: De·pri·va·ti·o·nen

Aussprache:

IPA: [depʁivaˈt͡si̯oːn]
Hörbeispiele: Lautsprecherbild Deprivation (Info)
Reime: -oːn

Bedeutungen:

[1] Psychologie: gefühlter Zustand eines Mangels oder eines Verlustes häufig einhergehend mit gefühlter Benachteiligung; Liebesentzug
[2] Kirche: Entfernung eines katholischen Geistlichen aus seinem Amt

Herkunft:

Entlehnung aus dem Mittellateinischen vom Substantiv deprivatio → laEntziehung“, eigentlich „Beraubung“, einer Abletiung vom Verb deprivare → la; vergleiche auch deprivieren[2]

Synonyme:

[1] Entbehrung, Entzug
[1] Isolation
[2] Amtsenthebung, Entlassung, Suspendierung

Unterbegriffe:

[1] Mutterdeprivation, Vaterdeprivation

Beispiele:

[1] „Genau dieser Ausblick fehlt im Gefängnis oft – und das hat Konsequenzen. «Negative Haftfolgen kommen durch die sogenannte Deprivation zustande. Das heisst: durch einen Mangel an Sinnes- und Aussenreizen.» […] Eine umsichtige Auswahl der Bodenbeläge mit unterschiedlichen Oberflächenstrukturen könne der Deprivation entgegenwirken, ebenso ein kluges Farbkonzept.“[3]
[1] „Der Vollzug soll so gestaltet sein, dass das Leben der Inhaftierten den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen ist. Damit soll den – zwangsläufigen – negativen Folgen des Vollzugs, die durch den Abbruch von persönlichen Bindungen (Deprivation) und die Anpassung an die Abläufe des Anstaltsalltags (Prisonierung) gekennzeichnet sind, entgegengewirkt werden.“[4]
[1] „Wenn das Gehirn eine solche "sensorische Deprivation" ertragen musste, dann feuern die Neuronen gewissermaßen ins Leere: Abgeschnitten von jeglichen Reizen entstehen oft akustische und auch optische Halluzinationen im Geiste desjenigen, der in einem Verlies aus Dunkelheit sitzt und seine Orientierung in Zeit und Raum einbüßt.“[5]
[1] „Weitaus schmerzhafter wirkt Stille, wenn sie als echtes Folterwerkzeug eingesetzt wird, meist als Bestandteil sogenannter "sensorischer Deprivation". Dabei werden die Opfer von allen Sinneseindrücken ausgeschlossen. In vollkommener Stille und Dunkelheit, beraubt von Berührung, Gerüchen und Kontakten zu anderen Menschen, spielt das Gehirn rasch verrückt.“[6]
[1] „In der EU litten 2015 8,1 % der Bevölkerung [Anmerkung: das entsprach 119 Mio. Menschen] unter erheblicher materieller Deprivation – dazu gehört auch, dass man sich keine ausgewogene Ernährung leisten kann.“[7]
[1] „Materielle Deprivation beschreibt eine erzwungene Unterversorgung mit Alltagsgütern, die das Leben der betroffenen Personen oder Haushalte in besonderem Maße einschränkt.“[8]
[1] „Die Zusammenhänge von sozialer armutsbedingter Deprivation und der Fortschreibung der Armut als gesellschaftliches ‚Erbe‘ – einmal arm, immer arm, und die entwicklungspsychologischen Folgen der Armut für Kinder und Jugendliche werden gerade erst erforscht.“[9]
[1] „»Wir nennen das relative Deprivation. Das heißt das Gefühl, relativ schlechter gestellt zu sein. Mich interessiert nicht, ob es mir jetzt viel besser geht als den Leuten vor hundert Jahren. Sondern ich gucke nach rechts und links und gucke, wie es da den Leuten geht.«“ [Kai Uwe Schnapp, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Hamburg][10]
[1] [Nach dem zweiten Weltkrieg blieb in Polen] eine Gesellschaft von überwiegend armen, ungebildeten Menschen [zurück], konservativ und traditionell geprägt, voller Ängste und mit einem starken Gefühl der Deprivation.[11]
[1] „Es gibt zweifellos das Phänomen der ‚Ost-Deprivation‘, von dem die Wissenschaftler des Zentrums für Rechtsextremismus-Forschung in Jena vor dem Hintergrund der Daten des Thüringen-Monitors sprechen. Aspekte des Lebens in Ostdeutschland wie geringere Einkommen und Vermögen, prekäre und arme Lebenslagen, größere Arbeitslosigkeit, größere Perspektivlosigkeit – gerade bei jüngeren Menschen, kulturelle und soziale Verödung, wirken gerade in den ländlichen und stärker abgehängten Regionen verstärkend auf ethnozentrische Tendenzen der BewohnerInnen [sic].“[12]
[1] „Einen Purzelbaum zu machen halten dann aber viele Mütter und Kinder für eine unzumutbare Form von Akrobatik. Folgerichtig können sie es mit sieben Jahren immer noch nicht. Das gilt selbstverständlich nicht für alle Kinder aber leider für viele. Käme es zu einer vergleichbaren Deprivation im sprachlichen Bereich, dann würden die Kinder bei der Einschulung nuscheln und stammeln.“[13]
[2]

Charakteristische Wortkombinationen:

[1] mit Adjektiv: emotionale / frühkindliche / multiple / objektive / perzeptive / psychische Deprivation[14] / psychosoziale / sensorische / sprachliche Deprivation[15] / subjektive Deprivation

Wortbildungen:

Substantive: Deprivationsprophylaxe, Deprivationsschaden, Deprivationssndrom[16]
Adjektive: depriviert

Übersetzungen

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[2] Meyers Großes Konversationslexikon. Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens. Sechste, gänzlich neubearbeitete und vermehrte Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig/Wien 1905–1909, Stichwort „Deprivation“ (Wörterbuchnetz), „Deprivation“ (Zeno.org)
[1] Wikipedia-Artikel „Deprivation
[1, 2] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Deprivation
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalDeprivation
[*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „Deprivation
[*] Wikipedia-Suchergebnisse für „Deprivation
[1] PONS – Deutsche Rechtschreibung „Deprivation
[1] The Free Dictionary „Deprivation
[1, 2] Duden online „Deprivation
[1, 2] Großes Wörterbuch der deutschen Sprache „Deprivation“ auf wissen.de
[1, 2] Wahrig Herkunftswörterbuch „Deprivation“ auf wissen.de
[1, 2] Wahrig Fremdwörterlexikon „Deprivation“ auf wissen.de

Quellen:

  1. Volker Sommer: Hinter 1000 Stäben – Tiere im Zoo. In: Südwestrundfunk. 7. April 2019 (URL, abgerufen am 19. Juli 2019).
  2. Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das große Fremdwörterbuch. Herkunft und Bedeutung der Fremdwörter. 4. Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2007, ISBN 978-3-411-04164-0, Seite 325, Eintrag „Deprivation“.
  3. Karin Salm: Gefängnisarchitektur - Die hohe Kunst des Knastbaus. Früher sperrte man die Leute in Gefängnissen weg – heute will man sie resozialisieren. Da ist auch die Architektur gefordert.. In: Schweizer Radio und Fernsehen. 25. November 2018 (URL, abgerufen am 19. Juli 2019).
  4. Heribert Ostendorf: Aufgaben und Ausgestaltung des Strafvollzugs. bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, Bonn, Deutschland, 24. April 2018, abgerufen am 19. Juli 2019 (Deutsch).
  5. Sebastian Herrmann: Neurologie: Von allem abgeschnitten. Wenn bei völliger Dunkelheit alle Reize ausbleiben, herrscht im menschlichen Gehirn Ausnahmezustand. Oft flüchtet es sich in optische und akustische Halluzinationen. In: sueddeutsche.de. 30. Dezember 2016, ISSN 0174-4917 (URL, abgerufen am 19. Juli 2019).
  6. Christian Weber: Akustik – Ruhe jetzt. In: sueddeutsche.de. 23. Dezember 2017, ISSN 0174-4917 (URL, abgerufen am 19. Juli 2019).
  7. Eurostat-Bericht – 119 Millionen Menschen in EU von Armut bedroht. In: Deutschlandradio. 17. Oktober 2016 (Deutschlandradio, Sendereihe: Die Nachrichten, Bildunterschrift, URL, abgerufen am 19. Juli 2019).
  8. Entwicklung der materiellen Deprivation (in Prozent) in Deutschland, 2005–2017. boeckler.de, Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf, Deutschland, abgerufen am 19. Juli 2019 (Deutsch).
  9. Nora Bauer: Das Gegenteil von Glück? – Eine Lange Nacht über die Armut. In: Deutschlandradio. 19. September 2009 (Deutschlandfunk / Köln, Sendereihe: Lange Nacht, URL, abgerufen am 19. Juli 2019).
  10. Ursula Storost: Politologenkonferenz – Zwischen liberal und autoritär – der neue Populismus. In: Deutschlandradio. 30. August 2018 (Deutschlandfunk / Köln, Sendereihe: Aus Kultur- und Sozialwissenschaften, URL, abgerufen am 19. Juli 2019).
  11. Johanna Herzing: Buchrezension „Die große Angst“ – Detailreiches Psychogramm der polnischen Nachkriegsgesellschaft. In: Deutschlandradio. 4. April 2016 (Deutschlandfunk / Köln, Sendereihe: Andruck – Das Magazin für Politische Literatur, URL, abgerufen am 19. Juli 2019).
  12. Frank Ettrich: Nachgefragt: Was hat die DDR-Vergangenheit mit den zunehmenden fremdenfeindlichen Übergriffen in den Neuen Bundesländern zu tun, Herr Ettrich? aktuell.uni-erfurt.de, Universität Erfurt, Erfurt, Deutschland, 22. Juni 2016, abgerufen am 19. Juli 2019 (Deutsch, Frank Ettrich ist Professor für Strukturanalyse moderner Gesellschaften an der Universität Erfurt).
  13. Marco Wehr: Sei Du selbst, habe Mut zum eigenen Mut! – Pädagogik mit Courage. In: Südwestrundfunk. 29. April 2018 (URL, abgerufen am 19. Juli 2019).
  14. Deutscher Wikipedia-Artikel „psychische Deprivation
  15. Deutscher Wikipedia-Artikel „sprachliche Deprivation
  16. Deutscher Wikipedia-Artikel „Hospitalismus wird ursächlich auch Deprivationssyndrom genannt
  17. Englischer Wikipedia-Artikel „deprivation

Ähnliche Wörter (Deutsch):

ähnlich geschrieben und/oder ausgesprochen: Depravation