Nykturie

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Klassifikation nach ICD-10
R35 Polyurie
- Nykturie
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Nykturie (von altgriechisch νυκτουρία nykturía, deutsch ‚das nächtliche Harnlassen‘) bezeichnet das ein- oder mehrfache Unterbrechen des Nachtschlafes infolge von Harndrang.[1] Betroffene stehen nachts oft mehrfach auf, um Wasser zu lassen. Das nächtliche Wasserlassen ist damit die häufigste Ursache für die nächtliche Schlafunterbrechung.[2] Die International Continence Society (ICS) stuft die Nykturie als klinisch bedeutsames Problem ein, denn sowohl Lebensqualität als auch die Leistungsfähigkeit der Patienten sind aufgrund der Unterbrechungen ihres Schlafes signifikant eingeschränkt.

Früher gab es eine andere Definition: „Normalerweise übertrifft die Tagesharnmenge diejenige der Nacht um ein Vielfaches. Wenn die Nachtharnmenge mehr als 2/3 der Tagesharnmenge beträgt, spricht man von Nykturie.“[3]

Die Prävalenz der Nykturie beläuft sich auf 12–14 % und steigt mit zunehmendem Alter an. Bei Menschen über 60 Jahren findet sich eine Prävalenz zwischen 25 und 45 %. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.[4][5] Bei Männern zwischen 70 und 79 Jahren beträgt die Inzidenz der Nykturie 50 %.[6] Bei Frauen über 40 Jahren wird von einer Inzidenz von 40 % ausgegangen.[7] In den Vereinigten Staaten sind aktuell 10 Millionen Menschen mit einer Nykturie diagnostiziert, von ihnen werden 1,5 Millionen wegen der Erkrankung medizinisch behandelt. Weltweit muss rund ein Drittel der Menschen über 30 Jahren nachts mindestens zwei Mal zur Toilette. Die Nykturie ist die häufigste Ursache für Störungen des Nachtschlafs.[8][9]

Aus den Schlafstörungen durch Nykturie resultieren unterschiedliche Symptome und Beschwerden: So kommt es zu Einschränkungen der Leistungsfähigkeit im Alltag, Tagesmüdigkeit und schlechter Laune. Als Folge der Schlafstörungen können häufige Infektionen durch ein geschwächtes Immunsystem auftreten, auch psychische Probleme wie depressive Symptome können entstehen.[10]

Für Personen ab 60 Jahren können die nächtlichen Miktionen noch eine weitere Gefahr für die Gesundheit in sich bergen: Stürze. Studien deuten darauf hin, dass es zwischen der Nykturie und der Gefahr, Stürze zu erleiden, einen signifikanten Zusammenhang gibt. Das Risiko hängt dabei direkt mit der Anzahl nächtlicher Toilettengänge zusammen. Die Prävalenz der durch Nykturie verursachten Stürze wird aktuell mit 15 % beziffert.[11][12]

Nykturie kann in vier verschiedenen Arten auftreten:

  • Nächtliche Polyurie: Hierbei wird während der Nacht überschüssiger Urin produziert
  • Globale Polyurie: Urin-Überproduktion am Tag und in der Nacht
  • Geringe nächtliche Blasenkapazität: Weniger Flüssigkeitsaufnahme der Blase während der Nacht
  • Gemischte Nykturie: Kombination der drei erstgenannten Arten.

Je nach auftretender Art sind auch die Ursachen verschieden:[13] Auslöser für eine nächtliche oder globale Polyurie sind überwiegend die Aufnahme überschüssiger Flüssigkeiten, insbesondere koffeinhaltige Getränke oder Alkohol vor dem Schlafengehen, Herzinsuffizienz, Schlafstörungen wie Schlafapnoe, Diabetes insipidus, Schwangerschaftsdiabetes oder auch die Einnahme verschiedener Medikamente mit den Wirkstoffen Herzglykosiden, Demeclocyclin, Lithium, Methoxyfluran, Phenytoin, Propoxyphen, übermäßiges Vitamin D und Diuretika. Eine weitere wichtige Ursache der Nykturie ist die nächtliche Polyurie. Hier kommt es zum vermehrten nächtlichen Harndrang durch einen Mangel des antidiuretischen Hormons. Die Hauptursachen für eine geringe nächtliche Blasenkapazität sind: Blasenhindernis, Blasenüberaktivität, Harnwegsinfekt, Blasenentzündung, Blasentumor, interstitielle Zystitis sowie eine Schwangerschaft.

Störung der Harnblasenfunktion

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Zustände mit vermehrter nächtlicher Urinproduktion

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Im Rahmen etlicher innerer Erkrankungen kommt es zu einer generell größeren Harnproduktion (Polyurie); dies führt auch nachts zu vermehrter Harnproduktion, die als Nykturie aufgefasst werden kann (auch wenn die vermehrte Harnproduktion nicht speziell nachtbezogen ist):

Auch Medikamente, wie beispielsweise Tolvaptan, können als unerwünschte Nebenwirkung eine vermehrte nächtliche Urinproduktion bewirken.[14]

Eine Abklärung für die Ursachen der Nykturie sollte beim Urologen, beim Gynäkologen oder beim Hausarzt stattfinden. Hinter den häufigen nächtlichen Miktionen kann sich eine Fülle von möglichen Ursachen wie z. B. eine nächtliche Polyurie, eine Herzinsuffizienz oder Diabetes mellitus verbergen. Als erster diagnostischer Schritt wird der Arzt eine körperliche Untersuchung durchführen. Ferner wird der Arzt auch die Krankengeschichte erfragen. Dazu gehören auch die Dokumentation der Trink- und Schlafgewohnheiten. Dies erfolgt anhand eines Blasentagebuchs, das in der Regel bei einem Urologen ausgegeben und analysiert wird. Die Patienten werden gebeten, darin über einen Zeitraum von rund drei Tagen zu notieren, wann und wie viel sie tagsüber trinken und wann Miktionen erfolgen.[15]

So kann festgestellt werden, ob es sich um urologische Ursachen oder andere Ursachen handelt. Je nach vermuteter Ursache wird der Patient zum jeweiligen Fachspezialisten (Kardiologe, Endokrinologe, Urologe) überwiesen, bei dem weitere spezifische diagnostische Tests erfolgen können.

Die Therapie der Nykturie hängt von deren Ursache ab. Zu den nicht-medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten gehören beispielsweise Blasentraining oder eine Veränderung des Trinkverhaltens. So wird abends auf eine reduzierte Flüssigkeitsaufnahme geachtet. Die medikamentöse Therapie umfasst beispielsweise Alphablocker, Alpha-5-Reduktase-Inhibitoren oder Desmopressin.[15]

Einzelnachweise

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  1. NOCTURIA Symptom, defined by ICS. The International Continence Society, abgerufen am 6. August 2019 (englisch).
  2. Maurice M. Ohayon: Nocturnal awakenings and comorbid disorders in the American general population. In: Florian Holsboer (Hrsg.): Journal of Psychiatric Research. Band 43, Nr. 1. Elsevier, 2008, doi:10.1016/j.jpsychires.2008.02.001.
  3. Max Bürger: Einführung in die innere Medizin, Sammelwerk "Der Kliniker", Verlag Walter de Gruyter, Berlin 1952, S. 242.
  4. K. S. Coyne et al.: The prevalence of nocturia and its effect on health-related quality of life and sleep in a community sample in the USA. In: British Association of Urological Surgeons (Hrsg.): BJU International. Band 92, Nr. 9. Wiley-Blackwell-Verlag, 2003, S. 948–54, PMID 14632853.
  5. K. A. Tikkinen et al.: Is nocturia equally common among men and women? A population based study in Finland. In: American Urological Association (Hrsg.): Journal of Urology. Band 175, Nr. 2. Elsevier-Verlag, 2006, S. 596–600, doi:10.1016/S0022-5347(05)00245-4.
  6. S. Akashi, K. Tomita: The impact of a history of childhood nocturnal enuresis on adult nocturia and urgency. In: Karolinska-Institut (Hrsg.): Acta Paediatrica. Band 103, Nr. 9, 2014, S. e410–5, doi:10.1111/apa.12694.
  7. Stephen W. Leslie et al.: Nocturia. In: National Center for Biotechnology Information. Mai 2019, abgerufen am 6. August 2019 (englisch).
  8. S. Drangsholt et al.: Diagnosis and management of nocturia in current clinical practice: who are nocturia patients, and how do we treat them? In: Urological Research Society (Hrsg.): World Journal of Urology. Band 37, Nr. 7. Springer-Verlag, 2019, S. 1389–1394, doi:10.1007/s00345-018-2511-4.
  9. H. Akhavizadegan et al.: A comprehensive review of adult enuresis. In: Urol Assoc J. 2018.
  10. NOCTURIA RELATED TO SLEEP DISORDERS. International Continence Society, abgerufen am 6. August 2019 (englisch).
  11. So Young Kim et al.: Nocturia Is Associated with Slipping and Falling. In: Public Library of Science (Hrsg.): PLOS ONE. Band 12, Nr. 1, Januar 2017, doi:10.1371/journal.pone.0169690.
  12. Camille P. Vaughan: The Association of Nocturia with Incident Falls in an Elderly Community-Dwelling Cohort. In: John Wiley & Sons (Hrsg.): International Journal of Clinical Practice. Band 64, Nr. 5, 2011, S. 577–583, doi:10.1111/j.1742-1241.2009.02326.x.
  13. Arten und Ursachen der Nykturie. 25. Oktober 2018, abgerufen am 9. November 2018.
  14. E. Wolfgang Kühn, Gerd Walz: Therapie der autosomal dominanten polyzystischen Nierenerkrankung. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 112, Heft 51–52, vom 21. Dezember 2015
  15. a b S. Gravas et al.: Management of Non-neurogenic Male LUTS. European Association of Urology, abgerufen am 6. August 2019 (englisch).